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Grundlagenwissen Nahtmaterial: Der Faden

Aufbau: polyfil/monofil

Polyfile Fäden bestehen aus mehreren gleichartigen Fäden, die geflochten oder gedreht/gezwirnt sind. Es gibt sie beschichtet oder unbeschichtet. Alle zeichnen sich durch ihre gute Handhabung aus – sie sind biegsam, geschmeidig und flexibel, lassen sich gut knoten und haben eine sehr gute Knotensicherheit. Auch zeigen sie eine hohe Reißkraft.

Nachteilig ist ihre Kapillarität, welche die Eigenschaft bezeichnet, Wasser in den interfilaren Spalten aufzunehmen und weiterzuleiten. Dadurch können Erreger wie Bakterien in die Tiefe der Wunde eindringen und dadurch eine Entzündung auslösen. Man nennt dies auch Dochtwirkung. Die Entzündung in der Umgebung eines polyfilen Fadens ist stärker als bei einem monofilen. Muss mit einer Wundkontamination gerechnet werden, sollten keine polyfilen, nichtresorbierbaren Fäden verwendet werden.

Polyfilamente Nähte, durch ein Gewebe geführt, zeigen eine sägende Wirkung – ein Einreißen innerhalb des Gewebes ist möglich. Dies kann histologisch zu einer heftigeren entzündlichen Reaktion führen.
Außerdem unterliegt Nahtmaterial aus Seide Schwankungen in ihren physikalischen Eigenschaften, da es aus natürlichen Rohstoffen hergestellt wird.
Bei den polyfilen geflochtenen Fäden bilden die synthetischen absorbierbaren Polyfilamente eine Ausnahme. Trotz ihrer Flechtstruktur sind Fadeninfektionen selten und heilen dank des Fadenabbaus aus. Die Gewebereaktionen und die Narbenbildung um den Faden sind im Allgemeinen gering.

Vorteile:
+ biegsam und geschmeidig
+ gute Knoteigenschaften und sehr gute Knotensicherheit
+ Reißfestigkeit

Nachteile:
- Kapillarität (Gefahr von Keimverschleppung)
- lösen stärke Entzündung aus als Monofile
- Sägewirkung



Das monofile Nahtmaterial besteht aus nur einem Faden und hat eine glatte Oberfläche. Sie entstehen durch Extrusion (Schmelzspinnverfahren). Erreger können sich hier schlechter anheften. Es ist generell glatter, steifer, gleitet leichter durch Gewebe, erzeugt weniger Gewebereaktionen und zeigt eine größere Reißkraft. Allerdings zeigt es eine hohe Steifigkeit, ist dadurch auch schwieriger zu handhaben und erfordert eine größere Anzahl von Knoten. Homogene Monofilamente besitzen keine Kapillarität und in der Regel ein sehr gutes Gewebeverhalten.

Vorteile:
+ glatte Oberfläche
+ leichter Gewebedurchzug
+ wenig bis keine Gewebsreaktion
+ keine Kapillarität

Nachteile:
- Steifigkeit
- geübtere Handhabung erforderlich
- mehr Knoten nötig


Pseudomonofiles Nahtmaterial
Vom Aufbau her zwischen geflochtenen und monofilamenten Materialien stehend, soll die Ummantelung eines polyfilamenten Nahtmaterials die negativen Eigenschaften der beiden erstgenannten Nahtmaterialien kompensieren. Durch die Ummantelung mit einem impermeablen Material gelingt es, die Kapillarität aufzuheben. Jedoch kann beim Knüpfen der Mantelschutz beschädigt werden, wodurch Wasser und Bakterien doch wieder die Möglichkeit haben, in das Fadeninnere einzudringen. Durch die Beschichtung verringert sich die Sägewirkung des Fadens, es muss aber eine aufwändigere Knotentechnik in Kauf genommen werden.

Vorteile:
+ hohe Flexibilität und Reißfestigkeit
+ gute Knotensicherheit
+ geschmeidiger Gewebedurchzug ohne Sägeeffekt, Gewebezug und Trauma
+ gute Knotengleiteigenschaften / Regulierbarkeit
+ verminderte Kapillarwirkung

Nachteile:
- mögliche Beschädigung des Mantelschutzes beim Knüpfen


Leider sind gute Handhabung, Geschmeidigkeit, gutes Gewebegleiten und günstige Knüpfeigenschaften nicht gleichermaßen in einem Nahtmaterial zu vereinen. Gute physikalische Eigenschaften stehen oft nicht im Einklang mit der Gewebeverträglichkeit.

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Typen: resorbierbar/ nicht resorbierbar

Resorbierbare Nähte
Resorbierbare Nähte sind die erste Wahl, wenn die Entfernung der Naht schwierig oder unmöglich ist. Der Abbau verläuft rein hydrolytisch und gleichförmig bei einer minimalen Gewebsentzündung und geringerer Narbenbildung. Es besteht eine größtmögliche Materialkonstanz.

Es wird unterschieden in

(Bei manchen operativen Eingriffen werden jedoch auch innerlich nicht-resorbierbare Fäden eingesetzt, sie behalten ihre Festigkeit und verhindern ein späteres Wiederauflösen der genähten Stelle. Ein möglicher Einsatz ist z.B. bei Lungenähten, Bypässen, Gefäßnähten oder im Magen-Darm-Bereich.)


Nichtresorbierbare Nähte
Nichtresorbierbare Fäden unterliegen einer permanenten Fremdkörperreaktion bis zur Abkapselung. Eine Zerstörung oder ein Zerfall der Fadenstruktur verläuft z.T. auch hier (wie z.B. bei Seide oder Polyamid), jedoch über einen viel längeren Zeitraum (> 1 J.). Im Allgemeinen ist die Intensität der Gewebsreaktion auf Nahtmaterialien von der Art des implantierten Nahtmaterials abhängig. Aber nicht nur die verwendete Substanz, auch die Verarbeitungsform hat Einfluss auf die Stärke der Gewebereaktionen.

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Sonderformen

Ligatur
von lateinisch: ligare (verbinden)

Darunter versteht man in der Chirurgie die abschnürende Unterbindung von Hohlorganen oder Leitungsbahnen.


Knotenloses Wundverschlusssystem

Dabei handelt es sich um monofile Fäden, in die spiralförmig Widerhaken eingelassen sind, die sich im Gewebe verankern. Dadurch ist ein Gewebehalt erreicht, ohne einen Knoten knüpfen zu müssen.


Loop
Hierbei laufen beide Enden des Fadens in der Nadelarmierung zusammen. Diese Variante eignet sich vor allem für die Sehnen- und Bänder-Rekonstruktion

Spulen

Die Pharmakopöe definiert die maximal erlaubte Länge eines Nahtmaterials mit 4m und schließt damit den Einsatz von Spulenmaterial aus. Es wird in der Veterinärmedizin verwendet.


Pledgets

Dabei handelt es sich um nichtresorbierbare Nahtwiderlager. Sie werden verwendet, um das mechanische Ausreißen und Einschneiden von Gewebe zu verhindern und empfindliche Strukturen zu schützen, z.B. in der Herz- oder Gefäßchirurgie.


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Fadenstärken

Chirurgisches Nahtmaterial wird in verschiedenen Fadenstärken hergestellt. Dabei werden zwei verschiedene Maßsysteme

  • das System nach der United States Pharmacopeia (USP) und
  • das metrische System nach der Europäischen Pharmakopöe (EP) verwendet.

Die Stärke des Fadens ist neben dem verwendeten Material ausschlaggebend für die Festigkeit einer chirurgischen Naht. In der Mikrochirurgie oder bei Bypass-Operationen z.B. werden Nahtmaterialien eingesetzt, die so fein sind, dass sie ohne Lupenbrille oder Mikroskop kaum zu sehen sind.
Generell gilt: So dünn wie möglich, so dick wie nötig!

Ziel ist also eine ausreichende Reißfestigkeit bei möglichst geringer Gewebsschädigung. Bei resorbierbarem Nahtmaterial hat die Dicke auch einen Einfluss auf den vom Körper zu leistenden Auflösungsprozess.

Die Pharmakopöe definiert Mindestanforderungen an Nahtmaterialien wie Fadendurchmesser, Knotenbruchfestigkeit und lineare Reißkraft.

Die auf einer Verpackung aufgedruckte Fadenstärke (EP) ist immer die Mindestdicke, zumeist liegt die wirkliche Fadenstärke im jeweiligen oberen Millimeterbereich. Die amerikanische USP Einteilung steht nicht in direkten Zusammenhang mit der Fadenstärke.


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Knotentechniken

Der Verschluss einer Wunde besitzt bei den unterschiedlichsten chirurgischen Verfahren eine Bedeutung. Die Naht dient dem festen Verschluss der Wunde nach einem chirurgischen Eingriff und der genauen Repositionierung der Wundränder zueinander, um die primäre Heilung zu unterstützen und zu beeinflussen. Bei ungenügendem Verschluss können Bakterien in die Wunde gelangen und verschlechtern das gewünschte Operationsergebnis. Auch die Knotentechnik ist entscheidend für den Erfolg und auch die Narbenbildung.


Um mit den zum Teil sehr kleinen Nadeln optimal und sicher arbeiten zu können, werden sie in sogenannte Nadelhalter eingespannt, die das Arbeiten des Operateurs erleichtern.



Die Merkmale eines idealen Nahtmaterials sind leichte Handhabung, minimale Gewebsreaktion, hohe Fadenzug- und Knotenbruchfestigkeit sowie eine gute Knotensitzfestigkeit. Weiter sollte das Nahtmaterial eine gezielte geringe oder hohe Dehnbarkeit, Flexibilität, bestimmbare Funktionsdauer, geringe Sägewirkung, gutes Gewebegleitvermögen und keine Dochtwirkung (Kapillarität) zeigen. Den perfekten Faden gibt es nicht. Der Operateur sucht sich nach den Eigenschaften den Faden aus, der zu seinem Zweck die bestmöglichen Eigenschaften besitzt.

Zur besseren Sichtverfolgung dienen Schwarz-, Grün-, Blau- oder Violettfärbung der Nahtmaterialien, aus kosmetischen Gründen können auch ungefärbte Nähte zur Anwendung kommen. Das Nahtmaterial lässt sich anhand des Fadenaufbaus in polyfile und monofile und ihrer Resorbierbarkeit nach in resorbierbare und nichtresorbierbare Nähte unterteilen.

Heutzutage wird v.a. synthetisches Material verwendet, das exakt nach den gewünschten Vorgaben und Eigenschaften produziert werden kann, und keinen natürlichen Schwankungen unterliegt.
Aber auch speziell aufbereitete Seide oder Stahl kommen noch zum Einsatz.
Das früher häufig verwendete Catgut (i.d.R. aus Rinderdarm) wird seit der BSE-Kriese so gut wie nicht mehr verwendet, evtl. noch in der Tiermedizin.

Das moderne Nahtmaterial zeichnet sich durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Dennoch können Allergien oder Unverträglichkeiten in seltenen Fällen auftreten. Diese zeigen sich z.B. durch Rötung, Juckreiz oder Ausschlag, aber auch eine Wundheilungsstörung ist denkbar. Auch können manche Menschen allergisch auf die verwendeten Farbstoffe reagieren.


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